Ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Eine wahre Geschichte. Die Geschichte von Julia und mir.
Vor fünf Monaten habe ich eine nette Französin kennen gelernt, die mit mir arbeitete und im Caravan nebenan wohnte. 23 Jahre alt und halt so naja. Wir waren uns nicht sehr nahe, da ich viel mit den Deutschen machte und sie mit den Franzosen. Das änderte sich in einer sagenumwobenen Silvesternacht am Strand. Genauer gesagt, auf dem Rückweg so um 5:00 morgens.
Ich habe keine Ahnung warum, aber nachdem wir uns eine Stunde lang im stockdunkeln durch den Dschungel zurück zum Camp gesucht hatten, bestand zwischen Julia und mir ein gewisses Vertrauen.
In den nächsten zwei Wochen kamen wir uns näher. Ich meine, man arbeitet zusammen und verbringt die Freizeit zusammen und geht schwimmen und keine Ahnung was. Mitte Januar waren wir dann offiziell im Camp als Pärchen verrufen und es hat uns auch nicht mehr gestört. Dann kam der Abschied. Julia nach Süden, ich nach Norden, aber mit dem Versprechen uns wieder zu treffen.
Zwei Wochen später natürlich das Versprechen eingelöst. Julia steigt zu mir in den Bus und es geht auf nach Nelson.
Wir laufen den Abel Tasman Track zusammen. Man sollte meinen, sowas schweißt zusammen, aber im Gegenteil. Julia sagt mir auf der Hälfte, dass wir kein Paar mehr sein sollen. Ich hab bis heute nicht genau verstanden wieso, aber vier Tage später war schon wieder alles beim Alten… Äh ja. Frag einfach nicht.
Wir hitchhiken die Westküste runter, Wwoofen ohne Strom und Wasser und hanggliden in Queenstown. Dann weiter zum Wwoofing in den Catlins, dann Dunedin und schließlich Christchurch. Mehr als zwei Monate reisen wir also gemeinsam, und ich kann euch sagen, DAS schweißt zusammen. Ich hatte schon vorher „Travelmates“ getroffen. Es ist sehr interessant zu sehen wie extrem sich Menschen aufeinander abstimmen können. Und dann ist das gleiche mit Julia und mir passiert. Mit dem kleinen Unterschied, dass wir auch noch ein Paar waren.
Wenn man zusammen reist, dann ist das ganz anders als wenn man sich nur ein paar Mal die Woche sieht. Man ist 24/7 zusammen. Sieht das Gleiche, isst das Gleiche, tut das Gleiche. Man hat den gleichen Schlafrhythmus, schläft im gleichen Bett und macht generell praktisch alles zusammen. Das kann einem ziemlich auf die Nerven gehen. Trotzdem haben Julia und ich uns kein einziges Mal gestritten. Nach ein paar Wochen lernt man, die Gedanken des anderen zu lesen und gegenseitig die Sätze des jeweils anderen zu vervollständigen. Zusätzlich verbindet man alles, was man erlebt (und das ist eine ganze Menge), mit der anderen Person. „You are a huge part of my New Zealand story now.“, so hat Julia das ausgedrückt. Von sieben Monaten NZ ist sie fünf dabei gewesen. Unvergesslich.
Jetzt kommt der Teil, wo es eigentlich heißen muss „Und sie lebten Glücklich bis an das Ende ihrer Tage!“ aber das hier ist nun mal eine wahre Geschichte und hat leider kein Happyend.
Heute morgen um 3:20 habe ich Julia ein letztes Mal geküsst, bevor sie in den Flughafenshuttle gestiegen ist. Ich bleibe hier, gehe später nach Australien. Sie fliegt über Asien nach Hause. Ich hab keine Ahnung, wann ich sie wiedersehe. Und wir werden dann sicher kein Paar mehr sein.
Es ist krass, was für ein Loch so was hinterlässt. Morgens aufzuwachen und alleine im Doppelbett zu liegen. Kein „Good morning chouchou“. Kein oranger Rucksack auf dem Sofa. Alleine frühstücken. Aus Gewohnheit zu viel Brot toasten. Meine Stimmung ist auf dem Tiefpunkt meiner Reise angekommen.
Immerhin habe ich noch Neuseeland. Jetzt auch mit negativen Erinnerungen.